TeXsis ist beispielsweise in TeX Live enthalten, so dass man sich die in der Anleitung dokumentierte Installation zunächst sparen kann. Stattdessen kann man es einfach dadurch verwenden, dass man statt des gewohnten `latex`, `pdflatex`, `lualatex` oder `xelatex` das Programm `texsis` aufruft. Wie bei den vorgenannten wird dann automatisch das gleichnamige Format geladen, sobald irgend ein Befehl ausgeführt wird. Üblicherweise ist der erste Befehl das Laden eines Dokuments. Vorausgesetzt ist natürlich, dass man kein LaTeX-Dokument, sondern ein TeXsis-Dokument erstellt hat. Ein minimales Beispiel für so ein Dokument könnte sein:
% This is `mytexsistest.tex'
\texsis
This is a \TeX is document.
\bye
Wende ich darauf `texsis` an, etwa aus dem Terminal mit dem Aufruf
texsis mytexsistest.tex
oder indem ich `mytexsistest.tex` in einem TeX-Editor lade und dort als neue Regel den Aufruf von `texsis` statt `latex` o. ä. definiere und anwende, dann erhalte ich als Terminalausgabe:
This is pdfTeX, Version 3.1415926-2.5-1.40.14 (TeX Live 2013)
restricted \write18 enabled.
(./mytexsistest.tex
TeXsis version 2.18 (21 April 2001) format preloaded.
[1] )
Output written on mytexsistest.dvi (1 page, 256 bytes).
Transcript written on mytexsistest.log.
Die ausgegebene Seite ist recht einfach:
![Ergebnisseite aus dem Beispiel][1]
Die Ergebnisdatei wird als DVI-Datei erzeugt. Hier haben wir auch gleich einen Kritikpunkt an `texsis`.
Wie man allgemein ein anderes Format als von gängigen TeX-Editoren normalerweise unterstützt, zur Anwendung bringt, wird in der Frage »[Wie verwendet man ein fremdes Format](http://www.texwelt.de/wissen/fragen/5276/wie-verwendet-man-ein-fremdes-format)« alternatives Format](http://www.texwelt.de/wissen/fragen/5276)« behandelt.
**Ich erlaube mir einige weitere kritische Anmerkungen zu dem Format `texsis`:**
Aus dem vorgefertigten `texsis` ergibt sich, dass mit vordefinierten Voreinstellungen gearbeitet wird. Dies schließt ggf. auch einige Einstellungen ein, bei denen TeXsis vorsieht, dass man sie im Format und nicht erst im Dokument vornimmt. Da TeXsis noch auch der Zeit stammt, als es üblich war, persönliche, maschinenabhängige und teilweise auch dokumentabhängige Einstellungen im Format vorzunehmen, ergibt sich ein ähnliches Problem, wie es bei LaTeX 2.09 noch weit verbreitet war: Dokumente verhalten sich unterschiedlich, je nachdem auf welchem Rechner sie erzeugt werden. Durch die Verwendung eines eher *kanonischen* TeXsis, das wie bei TeX Live mit allgemeinen Voreinstellungen vorgegeben ist, entschärft sich dieses Problem.
Dafür ergibt sich ein anderes Problem: Einige der Voreinstellungen im Format sind als rechner- bzw. druckerspezifisch oder sogar dokumentspezifisch gedacht. So enthält die vordefinierte `TXSsite.tex` beispielsweise Papier-Einstellungen für PostScript-Drucker, die per `\special`-Anweisung gesetzt werden. Zeitgemäß wäre heute vermutlich eher die Umstellung auf pdf-Einstellungen und die Erzeugung eines `pdftexsis`. Generell würde man heute Backend-Einstellungen eher variabel gestalten, so dass sie je nach verwendeter TeX-Maschine die unterschiedlichen Fähigkeiten der unterschiedlichen Backends verwendet. Benutzerspezifische Einstellungen würde man eher über Konfigurationsdateien vornehmen, statt zu propagieren, ein benutzerspezifisches Format zu erzeugen. Dokumentspezifische Einstellungen wiederum würde man entweder im Dokument oder ebenfalls per Konfigurationsdatei vornehmen. So gesehen, kann TeXsis durchaus als nicht mehr zeitgemäß betrachtet werden. Die Entwicklung würde übrigens 2001 vorerst abgeschlossen.
Heute hat TeXsis auch aus anderem Grund nicht mehr die Bedeutung, die es in seiner Anfangszeit hatte: Bereits mit LaTeX 2.09, aber weit mehr mit LaTeX2e und ConTeXt ist plainTeX extrem in den Hintergrund getreten. Praktisch alles, was TeXsis bietet, ist auch in LaTeX und ConTeXt längst üblich. Beide Formate bieten darüber hinaus Dinge, von denen TeXsis weit entfernt ist. Beispielhaft seien hier die grafischen Fähigkeiten mit Tikz bei LaTeX oder Metapost bei ConTeXt genannt. Gerade Physiker, für die TeXsis einst geschaffen wurde, werden nur selten ohne Grafiken auskommen. Als zweites Beispiel sei die Verwendung unterschiedlicher Fonts und die utf8-Eingabe genannt. Auch in diesen Bereichen ist TeXsis einfach nicht mehr zeitgemäß.
Die Beschäftigung mit TeXsis lohnt daher nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv für den normalen Anwender in der Regel nicht mehr. Von Interesse ist aber noch der Code von TeXsis, dies jedoch nur für TeX-Entwickler, sei es im Bereich LaTeX oder ConTeXt. Für den ambitionierten Anwender empfiehlt sich hingegen eher der Code der entsprechenden, existierenden Lösungen in LaTeX oder ConTeXt, da dieser häufig einfacher für eigene Projekte in diesen Bereichen angepasst werden kann.
Neben TeXsis gibt es auf CTAN übrigens weitere Formate zu finden. Auch diese sind teilweise längere Zeit nicht mehr gepflegt. Es kommt jedoch immer wieder vor, dass sich plötzlich wieder jemand eines solchen Formats annimmt und es auch im Hinblick auf die oben genannten Kritikpunkte modernisiert. Es ist daher sicher kein Fehler, solche Formate *im Auge zu behalten*.
[1]: http://texwelt.de/wissen/upfiles/mytexsistest.png