Zunächst sollte erklärt werden, warum es Warum dies überhaupt funktioniert, einen Befehl wie `\tiny` in Form einer möglich ist und was generell davon zu halten ist, Anweisungen als Umgebung `\begin{tiny}…\end{tiny}` zu verwenden: Bei LaTeX ist eine missbrauchen, habe ich bei der Frage »[Kann man eigentlich alle Befehle auch als Umgebung `foo` immer mit Hilfe der Anweisungen `\foo` verwenden und `\endfoo` definiert. Innerhalb der Anweisung `\begin` beginnt LaTeX u. a. zunächst eine neue Gruppe und ruft dann das erste Argument als Anweisung auf. Bei `\begin{tiny}` wird also letztlich `\tiny` ausgeführt. Bei `\end` baut LaTeX aus `end` und dem Argument wiederum eine Anweisung und ruft diese auf, bevor umgekehrt?][1]« ausführlich erläutert. Bleibt daher die bei `\begin` aufgespannte Gruppe geschlossen wird. Bei `\end{tiny}` wird also `\endtiny` aufgerufen. *Moment!* Gibt es denn überhaupt ein `\endtiny`? Nein. Dass es trotzdem funktioniert, liegt daran, dass LaTeX nicht wirklich `\tiny` und `\endtiny` aufruft, sondern `\csname tiny\endcsname` und `\csname endtiny\endcsname`. Die Anweisung `\csname …\endcsname` funktioniert auch für ein nicht definiertes Makro, das dann zu `\relax` wird. Während in `\begin` von LaTeX deshalb eine zusätzliche Überprüfung durchgeführt wird, ob die Start-Anweisung überhaupt existiert. Gibt es in `\end` keine entsprechende Überprüfung. Daher muss `\endtiny` nicht definiert sein.
Es gibt übrigens Puristen, die es als Designfehler betrachten, dass man (manche) Anweisungen überhaupt so einfach als Umgebungen missbrauchen kann. Die werden also bereits den Versuch an sich als Fehler einordnen.
Soweit so gut. Aber Frage, was ist abgesehen von der puristischen Betrachtungsweise an dem Code aus der Frage auszusetzen? Sehen wir uns das Ergebnis an:
![tiny mit riesigem Zeilenabstand][1]
Zeilenabstand][2]
Auffällig ist hier der im Vergleich zur Schrift extrem große Zeilenabstand. Woher kommt der?
TeX setzt keine einzelnen Zeilen, sondern immer ganze Absätze auf einmal. Dabei erfolgt der Absatzumbruch und der Satz mit den Parametern, die am Ende des Absatzes gültig sind. Da eine Umgebung zwar eine Gruppe aber keinen Absatz beginnt oder endet, wird also in dem Beispiel mit `\end{tiny}` zwar die Wirkung von `\tiny` aufgehoben, der Absatz endet aber erst mit der Leerzeile danach. Der Absatz wird also wie für `\normalsize` üblich mit dem Grundlinienabstand von `\normalsize` umbrochen. Dadurch ist er zu groß. Es muss also unbedingt dafür gesorgt werden, dass der Absatz beendet wird, bevor `\tiny` mit `\end{tiny}` seine Wirkung verliert. Die einfachste Lösung dafür ist ein explizites `\par`:
\begin{tiny}
Das ist ein Absatz mit ganz kleinem Text, der in einem Vertrag so anstrengend zu lesen sein soll, dass der Unterzeichner auf das Lesen verzichtet und prompt mit versteckten Klauseln hereingelegt wird. Glücklicherweise ist das aber in Deutschland dann rechtlich auch nicht immer durchzusetzen.\par
\end{tiny}
mit dem Ergebnis:
![tiny mit tiny-Zeilenabstand][2]
tiny-Zeilenabstand][3]
Hier passt der Zeilenabstand also zur kleinen Schriftgröße, auch wenn man das so kein bisschen besser lesen kann.
Es gibt aber weiteres zu bedenken: Dieses `\par` am Ende der Umgebung vergisst man leicht. Während bei `\tiny` dieses Problem so auffällig ist, dass es sofort ins Auge springt, wird man dasselbe Problem bei `\small` oder `\large` eventuell übersehen. Bei `\large` fällt dann ggf. vielleicht noch auf, dass der Zeilenabstand etwas uneinheitlich ist, je nachdem, ob man Unterlängen und *Überlängen* (beispielsweise diakritische Zeichen über Großbuchstaben) in Zeilen hat oder nicht. Deshalb sollte man sich eine Strategie überlegen, bei der man gar nicht erst Gefahr läuft, dass ein solches Problem auftritt. Ein erster Schritt könnte hier die Definition echter Umgebungen sein:
\documentclass{article}
\usepackage{blindtext}
\newenvironment{largepar}{\par\large}{\par}
\begin{document}
\begin{large}% Schlecht
\blindtext
\end{large}
\begin{largepar}% Besser
\blindtext
\end{largepar}
\end{document}
Noch besser ist natürlich, wenn man, wie in [meiner Antwort][3] Antwort][4] zur Frage »[Wie sollte ich vorgehen, wenn ich bestimmte Arten von Begriffen, beispielsweise Namen hervorheben will?][4]» will?][5]» erklärt, einen Namen wählt, der nicht der physischen Auszeichnung, sondern der Semantik entspricht:
\documentclass{article}
\usepackage{blindtext}
\newenvironment{wichtig}{\par\large}{\par}
\begin{document}
\begin{wichtig}
\blindtext
\end{wichtig}
\end{document}
So kann man später ganz leicht auch noch entscheiden, dass `wichtig` vielleicht doch nicht `\large`, sondern `\bfseries` oder auch `\huge` sein soll.
Und was ist, wenn ich statt einer Umgebung einen Befehl verwende? Das Problem bleibt dasselbe. Auch hier muss der Absatz vor dem Ende der Schriftumschaltung beendet werden, wenn der Absatz in dessen Wirkungsbereich gesetzt werden soll:
\documentclass{article}
\usepackage{blindtext}
\begin{document}
{\Large\blindtext}% falsch
{\Large\blindtext\par}% richtig
\end{document}
Und natürlich ist es auch hier besser, eine semantische Auszeichnung zu definieren:
\documentclass{article}
\usepackage{blindtext}
\newcommand{\wichtig}[1]{{\large #1}}
\newcommand{\wichtigebemerkung}[1]{\par\wichtig{#1\par}}
\begin{document}
\wichtigebemerkung{\blindtext}
\end{document}
Zu beachten ist hier, dass das `\par` in `\wichtigebemerkung` als Teil des Arguments von `\wichtig` gesetzt wird, damit eben der Absatz vor der damit erzeugten Auszeichnung endet. Hingegen darf das erste `\par` in `\wichtigebemerkung` nicht mit in das Argument von `\wichtig` gezogen werden, weil sonst ein Absatz, der durch dieses `\par` beendet wird, bereits mit den Einstellungen von `\wichtig`, im Beispiel also mit den Absatzeinstellungen von `\large`, gesetzt würde.
Kurz zusammengefasst
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* Man sollte Schriftgrößenumschaltungen normalerweise in einer Gruppe verwenden.
* Die Verwendung von Schriftgrößenbefehlen als Umgebung ist nicht klar dokumentiert und deshalb eher zu vermeiden.
* Man muss bei Schriftgrößenumschaltungen darauf achten, dass am Absatzende die richtige Schriftgröße aktiv ist.
* Es ist zu empfehlen, innerhalb eines Dokumente Schriftgrößenumschaltungen nicht direkt vorzunehmen, sondern Befehle und Umgebungen zu verwenden, die sich an der Bedeutung des Arguments bzw. des Inhalts orientieren und ggf. in der Dokumentpräambel definiert werden.
[1]: http://texwelt.de/wissen/fragen/1994/kann-man-eigentlich-alle-befehle-auch-als-umgebung-verwenden-und-umgekehrt
[2]: http://texwelt.de/wissen/upfiles/example23.png
[2]: [3]: http://texwelt.de/wissen/upfiles/example24.png
[3]: [4]: http://texwelt.de/wissen/fragen/1985/wie-sollte-ich-vorgehen-wenn-ich-bestimmte-arten-von-begriffen-beispielsweise-namen-hervorheben-will/1986
[4]: [5]: http://texwelt.de/wissen/fragen/1985/wie-sollte-ich-vorgehen-wenn-ich-bestimmte-arten-von-begriffen-beispielsweise-namen-hervorheben-will