Der Hauptvorteil von MiKTeX, der üblicherweise genannt wird, besteht darin, dass es Pakete on-the-fly *on-the-fly* nachinstallieren kann. Das heißt, wenn bei einem TeX-Lauf eine Datei nicht gefunden wird, schaut es nach, ob die Datei zu einem MiKTeX-Paket gehört. Falls das der Fall ist, lädt es das Paket – optional mit oder ohne vorherige Nachfrage – bei einer bestehenden Internet-Verbindung herunter und installiert es.
Für TeX Live gibt es zwar ein Paket, das eine ähnliche Funktionalität bereit stellt, allerdings handelt es sich dabei um ein Perl-Script, das auf der Log-Datei operiert und daher nicht nur einen zusätzlichen LaTeX-Lauf, sondern auch eine Änderung des build-Prozesses benötigt.
Außerdem ist es bei MiKTeX über eine grafische Oberfläche einfach möglich, weitere TEXMF-Bäume zu installieren, während man dafür bei TeX Live eine Konfigurationsdatei editieren muss.
TeX Live wiederum hat Vorteile bei den mitgelieferten Werkzeugen. So ist meist ein aktuelleres LuaTeX vorhanden. Seit TeX Live 2013 kann es auch gleichzeitig mit mehreren Repositories arbeiten, bei denen man Prioritäten einstellen kann. Das ist beispielsweise nützlich, wenn Pakete aus [`TLContrib`](http://tlcontrib.metatex.org/) oder von [`KOMA`](http://www.komascript.de/current) mit Vorrang installiert werden sollen.
Viele Pakete werden bei einem Update auf [CTAN](http://www.ctan.org) inzwischen automatisiert über Nacht auch als Update für TeX Live angeboten. Das kann ein Vorteil sein – muss aber nicht.
Darüber hinaus funktionieren viele in perl geschriebene Werkzeuge bei TeX Live out of the box. box, also ohne dass man zuvor selbst perl installieren muss. Man kann bei TeX Live auch Programme als sicher einstufen, die aus TeX heraus aufgerufen werden können, ohne dass das \write18-Feature `\write18`-Feature für alle Programme freigegeben sein muss. Für einige wirklich sichere Programme ist das in der Voreinstellung bereits so eingestellt. Damit kann dann TeX Live beispielsweise EPS-Grafiken schon seit Jahren auch in PDF-Dokumente einbinden. Die notwendige Umwandlung mit `repstopdf` geschieht dann on-the-fly.
*on-the-fly* also während der Verarbeitung des Dokuments.
Am Ende ist es jedoch für LaTeX-Benutzer eher eine Frage der persönlichen Vorlieben. Objektiv dürfte das Rennen mit einem Gleichstand ausgehen. ConTeXt-Benutzer werden vermutlich eher zu TeX Live greifen, weil sie dort – ggf. via `TLContrib` – meist ein aktuelles aktuelleres LuaTeX vorfinden, was für ConTeXt-Benutzer oftmals wichtig ist. Wahre ConTeXt-Anwender verwenden aber ohnehin eher die [ConTeXt-Installation von *ConTeXt garden*](http://wiki.contextgarden.net/ConTeXt_Standalone).
Für mich als Admin in einer heterogenen Umgebung fiel die Wahl auf TeX Live, weil ich hier lediglich die Binaries für andere Architekturen – ca. 100 MB je Architektur – zusätzlich installieren musste aber alle anderen Teile der TeX-Installation gemeinsam verwendet werden können. Für den normalen Anwender spielt das eher keine Rolle.