In einer Frage gab es den Kommentar:

"Das ist ja so ähnlich, wie wenn ich einen Satz solange umformuliere, bis es keine Trennstriche mehr gibt, nur weil die Silbentrennung Fehler macht".

Ich finde diese Sichtweise interessant(ganz ohne Spott!). Vielleicht sollte man mal einen Exkurs über Textgestaltung machen, zu dem die professionellen Setzer etwas beitragen können.

Meiner Meinung nach sollte ein Schreiber eines handschriftlichen Schriftstücks die Fertigkeiten haben, einen Text so zu formulieren und zu schreiben, daß sowenig Trennungen und andere "Krücken" als möglich im Text erscheinen.

Er benutzt dazu in der horizontalen und vertikalen Aufteilung drei Fähigkeiten:

  1. Den Text so zu formulieren, daß jede Zeile bestmöglich gefüllt wird und Trennungen soweit als möglich vermieden werden.
  2. Die handschriftlichen Zeichen, Wörter und Sätze so zu stauchen oder zu strecken, daß dieses Ziel erreicht wird, ohne optisch störend zu wirken, wenn keine Umformulierung möglich ist.
  3. Den vertikalen Raum so effektiv wie möglich zu nutzen, ohne störende Brüche zu produzieren.

Nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn es nicht gelingt, den Text ordentlich zu formulieren und zu gestalten, werden Hilfsmittel eingesetzt, wie Trennungen, Abkürzungen, Abstände, Leerräume und so weiter. Selbstverständlich sind hier keine inhaltlich notwendigen Textkörperauftrennungen gemeint.

Tex/Latex lösen das technische Problem (Stauchungen, Laufweiten etc) in hervorragender Weise, aber gerade deshalb, weil sie es lösen, gerät der wichtigere Ansatz, den Text passend zum Raum zu formulieren in den Hintergrund.

"Druckreif schreiben" wäre das Schlagwort, um die vielen Kompromisse und Anpassungen, die in Latex ermöglicht werden, in Zweifel zu ziehen.

Die Fähigkeiten von Latex sind eine gute, aber unzureichende Möglichkeit, die (zunehmende?) Unfähigkeit, einen Text richtig zu gestalten, zu kaschieren oder zu korrigieren.

PS: Es geht hier nicht um Grafiken!

gefragt 03 Dez '13, 23:44

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ctansearch
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bearbeitet 06 Apr '14, 14:30

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Henri
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Kein Schreiber, der sich ernsthaft als solcher bezeichnet, wird sich von irgendeiner Software davon beeinflussen lassen, wie sein Text formuliert ist. Je nach Textform hat ein Autor/eine Autorin ja eine bestimmte Formulierung wegen der Wirkung des Textes gewählt, da sind dann auch Adjektive nicht mehr beliebig austauschbar usw. Ich kenne ein paar (zwei, um genau zu sein) Autoren persönlich, und wenn ich daran denke, wie viel Zeit (Monate), Recherche und Feilerei für einen Text investiert wird, ist die Idee, sie würden einen Satz umformulieren, weil das Layout nicht perfekt ist, ziemlich unvorstellbar. Wenn die einen Text schreiben, hat er übrigens gar keine Trennungen: er wird per Hand in ein Notizbuch geschrieben ;)

Es ist vielmehr Aufgabe des Setzers, der mit LaTeX eben u.U. identisch mit dem Autor ist, zu sehen, wie er den Text bestmöglich ins rechte typographische Licht rückt. Wie er dann mit Trennungen etc umgeht, hängt nicht (nur) vom Text selbst ab, sondern auch von der Kombination von Seitengröße, Satzspiegel, Schriftart- und größe, ... das sind alles Dinge, mit denen sich der Autor/die Autorin selbst eigentlich nicht beschäftigen müssen sollte, wenn er/sie nicht will. Das sind vielmehr die Probleme, um die sich der Schriftsetzer zu kümmern hat, und zwar nachdem der Text schon fertig ist. Das heißt natürlich nicht, dass nicht der Schriftsetzer und der Autor ein und dieselbe Person sein können (und mit LaTeX oft auch sein mögen)...

Bei wissenschaftlichen Texten oder Dingen wie Anleitungen oder dergleichen kommt es aber vielleicht nicht mehr auf jedes Komma, jeden Punkt und jede Alliteration an. Wichtig ist hier vor allem inhaltliche Richtigkeit. Und hier ist es meines Erachtens auch kein Beinbruch, wenn man (wenn das Manuskript fertig ist! Vorher ergibt es keinen Sinn) Sätze umformuliert, um eine übervolle Box zu vermeiden, oder einen Float noch auf die nächste Seite zu drücken oder zwei Zeilen, die mit Bindestrich enden, zu vermeiden.

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beantwortet 04 Dez '13, 10:37

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cgnieder
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@Clemens Antwort akzeptiert, trotzdem noch eine Spitzfindigkeit: Das Ideal, nach dem die Handschrift, der Druck und auch Latex streben, ist, das Material (Papier, Tinte, Satzspiegel) optimal und schön zu nutzen. Seit Gutenberg (vorher durch die Kopisten) ist den Schreibern der Einfluss auf das Erscheinungsbild aus der Hand genommen worden und zu einem Handwerk geworden. Die Folge war eine Schematisierung. Latex hebt die Trennung wieder auf, sodaß die Schreiber ihre Fähigkeit, einen Text optisch zu komponieren, wieder erlangen müssen. Daraus folgt eine Aufhebung der Schematisierung und Formate.

(06 Dez '13, 21:20) ctansearch
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@ctansearch Typographie ist älter als Gutenberg. Ich könnte falsch liegen, aber ich glaube, auch nach ihm hatten Schreiber Einfluss auf das Erscheinungsbild, wenn sie wollten. (Zitat Schiller an seinen Verleger: »Wir wollen alles vermeiden, was Schnörkel und Überladung ist, und Schnörkel heißt mir in einem Buche alles, was nicht Buchstabe oder Interpunktion ist.«) Ein Typograph, der was taugt, versucht ja nicht, einem Text seinen eigenen Stempel aufzudrücken, sondern macht im Gegenteil alles, was den Text selbst bestmöglich unterstützt. (cont...)

(07 Dez '13, 02:55) cgnieder
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(...cont) Wenn er seine Aufgabe gut macht, merkt man gar nicht, dass er seine Arbeit gemacht hat. Ich stimme Dir zu: wenn man LaTeX verwendet und einigermaßen gelernt hat, hat man alles selber in der Hand und damit natürlich auch alle Verantwortung. Man darf aber nicht den Fehler begehen, sich von LaTeX alles diktieren zu lassen: es ist nur ein (gutes aber nicht perfektes) Werkzeug :)

(07 Dez '13, 02:57) cgnieder
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gestellte Frage: 03 Dez '13, 23:44

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zuletzt geändert: 24 Nov '14, 00:58