Ich spiele schon länger mit dem Gedanken, auf Context umzusteigen. Die Antwort habe ich gelesen und mir erschliessen sich die Vorteile recht schnell. Nachteilig empfinde ich, dass es m.E. momentan keine freigegebene Version von MkIV gibt und die Dokumentation empfinde ich als sehr durcheinander und in vielen Bereichen unvollständig. Andererseits empfinde ich die Syntax, als deutlich einfacher zu lesen. Auch die Syntax für das Erstellen von Tabellen ist m.E. deutlich einfacher.

Zudem weiss ich nicht, wie ich die Information, dass sich Context MkIV im Entwicklungsstadium befindet, jedoch der letzte Stand des Reference Manuals von 2013 ist.

Ist Context eurer Meinung nach für den produktiven Einsatz (bspw. innerhalb) einer Firma zu empfehlen?

Gibt es adäquate Funktionen zu den (für technische Berichte benötigten) Paketen komascript, acro, biblatex, pdfpages, caption, hyperref, tikz usw.?

gefragt 25 Jan '19, 10:39

dzaic's gravatar image

dzaic
631154954
Akzeptiert-Rate: 42%

bearbeitet 25 Jan '19, 11:24

saputello's gravatar image

saputello
11.1k174365

Ich würde sagen, ja. ConTeXt wird in der Firma PRAGMA ADE entwickelt, ist also dort im täglichen Produktiveinsatz. Ich habe damals meine Masterarbeit mit ConTeXt verfasst. https://bitbucket.org/hmenke/master/src/cc7737152b8ef554677669c823c1ee3cc90f1cf6/?at=submission

(25 Jan '19, 11:13) Henri

Ich denke, ich hätte meine Frage doch etwas genauer stellen sollen. Mir war schon klar, dass sich wunderschöne Berichte mit Context erstellen lassen, jedoch wusste ich nicht wie und habe irgendwie eine (strukturierte) Dokumentation vermisst. Falls die Frage zu allgemein ist, habe ich kein Problem damit, wenn sie gelöscht wird und ich stelle eine neue, deutlich präzisere Frage.

(25 Jan '19, 11:48) dzaic

@dzaic Präzise neue Fragen sind gut! Die lassen sich konkret beantworten, und wenn jemand nach konkreten Sachen für ConTeXT sucht, wird er auch fündig. Und man sammelt hier paar ConTeXt-Lösungen bei der Gelegenheit. @saputello hat recht und es ist hier kein Diskussionsforum, doch immerhin gibt es keine subjektive widersprechenden "Antworten", was man mit Schließen verhindern würde. Kann mir vorstellen, dass jemand Aspekte aus den Kommentaren (für und wider) dann als Antwort zusammenfasst. Danke für die Frage, die stellt man sich berechtigt, und das Feedback in den Kommentaren ist interessant.

(25 Jan '19, 13:50) stefan ♦♦

@dzaic Übrigens ist es durchaus wertvoll, eine Vielzahl konkreter Fragen zu ConTeXt hier einzustellen. Wenn jemand Zeit hat und diese beantworten kann, bauen wir auf diese Weise auch für ConTeXt ein deutschsprachiges Wissens-Archiv auf. Im eigenen Lernprozess baut man damit einen "Zettelkasten" mit Fragen und Antworten thematisch sortiert für weitere Interessierte auf. ConTeXt-Lernen hab ich noch vor mir hergeschoben, vielleicht schaffe ich es ja, wenn ich hier mitlese. :-)

(25 Jan '19, 13:57) stefan ♦♦

In der allgemeinen Form der Frage kann man auf jeden Fall sagen, dass ConTeXt für den produktiven Einsatz taugt. Bei ConTeXt MkII und bis vor wenigen Jahren bei ConTeXt MkIV war die Hauptkritik bezüglich des produktiven Einsatzes, dass sich Dinge oftmals von heute auf morgen geändert haben und alte Lösungen und Dokumente dann nicht mehr funktioniert haben. Herbert Voss – bekannt von vielen LaTeX-Büchern – hat auch einst auf einer DANTE-Tagung erwähnt, dass er beim Schreiben eines ConTeXt-Buches das Problem hatte, dass die Beispiele, die er am Anfang der Arbeit in das Buch eingefügt hat, einige Monate später beim Fortsetzen des Werks nicht mehr funktioniert haben.

Zum einen ist aber inzwischen sowohl ConTeXt als auch das parallel dazu entwickelte LuaTeX diesbezüglich deutlich stabiler. Zum anderen hat sich LaTeX bezüglich der Stabilität seit einiger Zeit zugunsten der Innovativität weiterentwickelt. Das betrifft nicht nur Pakete wie biblatex, bei denen mehrfach Kompatibilität aufgegeben wurde, sondern auch den LaTeX-Kern selbst. Letzteren kann man zwar zurückschalten, aber letztlich muss man für Langzeitstabilität ein Dokument entweder immer wieder anpassen oder die LaTeX-Installation in weiten Teilen konservieren.

Bezüglich der Stabilität ist ConTeXt also nicht schlechter (aber auch nicht besser) als LaTeX.

Dass ConTeXt bei PRAGMA ADE produktiv eingesetzt wird, kann als Kriterium herangezogen werden. Allerdings ist das auch etwas zweischneidig. Da ConTeXt dort genau dafür entwickelt wird, besteht natürlich auch immer das theoretische Risiko, dass es eben speziell für deren Anforderungen verändert wird und das im Einzelfall auch einmal nachteilig sein kann. Auf der anderen Seite ist Hans auch immer bemüht, Anforderungen aus der Community aufzugreifen und zu berücksichtigen. Bei (nach seiner Auffassung) guten Ideen kann das, selbst wenn es kompliziert erscheint, erstaunlich schnell gehen. Dank der Möglichkeit von Modulen ist man aber (entgegen anderslautender Gerüchte) auch nicht zwingend Hans Gnade ausgeliefert.

Bezüglich der in der Frage genannten anderen Punkte, also Pakete wir KOMA-Script, hyperref, biblatex, caption etc. ist zu sagen, dass ConTeXt sich hier grundlegend von LaTeX unterscheidet. Das beginnt schon damit, dass in ConTeXt grundlegende typografische Elemente wie Überschriften nicht erst durch Zusätze (bei LaTeX die Klassen) hinzugefügt werden müssten. Sie sind Teil des Formats und ihre Konfigurierbarkeit ist ebenfalls Teil des Formats. Moderne Zugaben wie Hyperlinks sind dabei selbstverständlich direkt verfügbar.

Für das Literaturverzeichnis wird weder BibTeX noch biber benötigt. Da ConTeXt aus mehr als nur TeX-Makros besteht, gehört dergleichen zu ConTeXt dazu. Trotzdem kann es mit den altbewährten bib-Dateien umgehen (allerdings muss man ggf. darin verwendete TeX-Makros erst noch definieren). Es kann aber auch direkt mit Lua-Tabellen oder XML-Dateien für diesen Zweck arbeiten.

Bezüglich TikZ stellt sich das etwas anders dar. TikZ ist auch mit ConTeXt (als Modul) einsetzbar, was übrigens in der Anleitung zu TikZ/pgf explizit behandelt wird, auch wenn die Beispiele dann überwiegend LaTeX-Syntax verwenden.

Im Bereich der Literaturverzeichnisse scheint mir dennoch LaTeX die Nase mehr als nur ein klein wenig vorn zu haben, was hauptsächlich daran liegt, dass hier aufgrund des größeren Anwenderkreises die seltsamsten Anforderungen irgendwo meist ganz ähnlich schon einmal umgesetzt wurden – man muss die Lösung nur finden. Das gilt auch in anderen Bereichen. Umgekehrt muss man bei ConTeXt meist gar nicht lange suchen. Entweder kann ConTeXt etwas und man findet Lösungen sehr schnell im Umfeld von ConTeXt garden. Oder es geht eben nicht und muss eine Frage dazu stellen. Und natürlich hat ConTeXt die Nase beim Bedienkonzept vorn. Da es nicht den Wildwuchs an Paketen gibt (und man nicht für jede Kleinigkeit ein Modul benötigt), gibt es auch nicht den Wildwuchs gänzlich unterschiedlicher Benutzerschnittstellen.

Zum Schluss der obligatorische Hinweis: Obiges ist eine Ansammlung von Halbwissen, wie es sich mir als Außenstehendem präsentiert, der sich immer mal wieder bei ConTeXt umsieht und dann doch beschließt den Schritt aus dem altgewohnten Trott nicht zu gehen. Vor allem, wenn Henri mal wieder eine ConTeXt-Lösung für eine (eigentlich) LaTeX-Frage präsentiert, dann sticht mich desöfteren der Hafer ob der klaren Syntax. Auf der anderen Seite bietet l3 eine vergleichbar klare Syntax, jedoch nicht auf Anwender sondern auf Programmiererebene. Und ich selbst bin eben inzwischen sehr viel mehr Programmierer als Anwender. Sollte irgendwann die Umsetzung vereinheitlichter, neuer Paradigmen auf Anwenderebene bei LaTeX Einzug halten, wird man sehen, was das für Auswirkungen auf die Vielzahl der Klassen und Pakete hat, die derzeit in einem Wildwuchs unterschiedlicher Konzepte existieren.

Permanenter link

beantwortet 26 Jan '19, 14:54

saputello's gravatar image

saputello
11.1k174365
Akzeptiert-Rate: 51%

bearbeitet 26 Jan '19, 17:54

Gemäss den Aussagen von @saputello und @Henri ist Context für den produktiven Einsatz geeignet und stabil. Detaillierte Informationen sind zu den Kommentaren zur Frage zu entnehmen.

Eine schnelle Einführung in Context ist hier zu finden.

Weiterführende Informationen finden sich bei ConTeXt garden, jedoch ist die Informationsvielfalt dort eher erschlagend und es ist für Anfänger nicht immer ganz klar, welche Informationen für MkIV noch gelten. @Henri hat die Informationsvielfalt sowie die Aktualität hier sehr schön diskutiert.

Permanenter link

beantwortet 25 Jan '19, 15:40

dzaic's gravatar image

dzaic
631154954
Akzeptiert-Rate: 42%

bearbeitet 26 Jan '19, 17:06

(26 Jan '19, 06:24) Henri

@Henri: Super Hinweis. @dzaic: Kannst du den Hinweis von Herni noch in die Antwort einfügen.

(26 Jan '19, 14:12) saputello

@saputelle: Danke für die klasse Antwort!

(26 Jan '19, 17:07) dzaic

Wegen Wartungsarbeiten wird ConTeXt garden übrigens am 1. Februar vorübergehend offline sein.

(28 Jan '19, 14:39) gast3
Deine Antwort
Vorschau umschalten

Folgen dieser Frage

Per E-Mail:

Wenn sie sich anmelden, kommen Sie für alle Updates hier in Frage

Per RSS:

Antworten

Antworten und Kommentare

Markdown-Grundlagen

  • *kursiv* oder _kursiv_
  • **Fett** oder __Fett__
  • Link:[Text](http://url.com/ "Titel")
  • Bild?![alt Text](/path/img.jpg "Titel")
  • nummerierte Liste: 1. Foo 2. Bar
  • zum Hinzufügen ein Zeilenumbruchs fügen Sie einfach zwei Leerzeichen an die Stelle an der die neue Linie sein soll.
  • grundlegende HTML-Tags werden ebenfalls unterstützt

Frage-Themen:

×38
×5
×2

gestellte Frage: 25 Jan '19, 10:39

Frage wurde gesehen: 5,195 Mal

zuletzt geändert: 28 Jan '19, 14:39