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Demnächst beginne ich mit meiner Bachelor-Arbeit und werde mit LaTeX schreiben. In den kleinen Dingen habe ich schon Übung, da ich schon Hausaufgaben damit bearbeitet habe. Vorgaben habe ich keine.

Wie gehe ich so eine größere Arbeit sinnvoll an?

Vor dem Drauflosschreiben würde ich gern Tipps haben, um planvoll zu beginnen. Mündlich sagte man mir schon sowas wie Dokument-Aufteilen, was mit Makros, verwendete Literatur ordentlich auflisten, bei Abbildungen wegen Seitenumbrüchen aufpassen.

Hat jemand vielleicht stichpunktartig eine Liste von Tips für eine gute Herangehensweise oder die Wahl der richtigen Tools?

gefragt 10 Mär '14, 17:45

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Bachelor
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Übrigens, da mir schon ein Buch empfohlen wurde: ich bin hergekommen, um von Anwendern praktische Tipps zu kriegen, keinen Lehrbuch-Hinweis (gilt aber auch ;-). Ein Buch kauf ich mir dann noch, mit euren Tipps im Hinterkopf, an denen sich die Autoren-Hinweise messen müssen. Die Frage drängt mich noch nicht, beteilige sich bitte nur, wer grad Zeit hat, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Und wenn sich eine gute Aufbaustrategie rauskristallisiert, hilft das bestimmt auch anderen.

(10 Mär '14, 19:40) Bachelor

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Es folgen ein paar lose Gedanken und Ratschläge, die vollkommen subjektiv sind, sich für mich aber bewährt haben.

Man kann und sollte sich hier mehrere Gedanken machen. Manche liegen eher an der Art des Dokuments (Fachbereich, Thema...), andere beschäftigen sich eher mit LaTeX. Hat man vorher noch nie mit LateX gearbeitet, hat aber Erfahrung mit einem der sonst verfügbaren Textverarbeitungen, dann sollte man sich ernsthaft fragen, ob man wirklich LaTeX verwenden kann: der Umstieg ist nicht unbedingt einfach und kann einem den Arbeitsfluss erst einmal deutlich zerstören, bevor man so sicher ist, dass man LaTeXs Stärken für sich nutzen kann.

Eine Bachelorarbeit ist, was ich ein kleines bis mittelgroßes Dokument nennen würde, soll heißen sie bewegt sich im Rahmen von ungefähr 50 Seiten, vermutlich weniger. Bei einem Dokument dieses Umfangs halte ich book/scrbook und report/scrreprt für etwas übertrieben. article/scrartcl sollte als Klasse eigentlich ausreichen. Damit hätte man sich allerdings auch gleich gegen Kapitel entschieden -- diese Frage hängt sehr vom Umfang und der inhaltlichen Struktur des Dokuments ab. Darum sollte das meiner Meinung nach auch die erste Überlegung sein: zu Beginn gleich ein grobe Struktur und Abschnitts- (oder Kapitel-) Aufteilung machen. Anhand derer kann man sich dann für die Klasse entscheiden. Wie man eine sinnvolle inhaltliche Struktur aufbaut, hat man hoffentlich während des Studiums soweit schon gelernt. Ansonsten kann man sich bestimmt vom Professor/von der Professorin oder bei KommilitonInnen Rat holen. Vielleicht besorgt man sich auch einen Ratgeber wie Bachelor-, Master- und Doktorarbeit -- Anleitungen für den naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchs.

Ich persönlich finde bei einem Dokument dieses Umfangs eine Aufteilung auf mehrere Dateien unnötig. Allerdings kann es dennoch von Vorteil sein, etwa bei der Zusammenarbeit mit anderen oder wenn man sehr viele Abschnitte hat. Entscheidet man sich für mehrere Dateien (etwa eine tex-Datei pro Abschnitt/Kapitel), dann schließt sich gleich die nächste LaTeX-Frage an: verwende ich \include oder \input zum Einbinden in das Master-Dokument? (Zum Unterschied siehe Was ist der Unterschied zwischen input und include?). Da \include nämlich ein \clearpage aufruft, ist das u.U. nämlich auch eine Design-Frage (siehe auch Was ist der Unterschied zwischen newpage, pagebreak und clearpage?).

Eine Frage, die mit der Struktur zusammenhängt, ist auch: brauche ich ein Abkürzungsverzeichnis? (Nicht unwahrscheinlich.) Hier sollte man sich auch früh entscheiden, ob man glossaries, acronym, acro oder nomencl verwendet. Das hat nämlich Auswirkungen auf die Syntax, da sich die Befehle unterscheiden. (Ich persönlich tendiere zu glossaries oder acro, bin da aber nicht ganz unvoreingenommen...)

Ebenso sollte man sich gleich zu Beginn überlegen, wie man seine Literaturverweise umsetzen will. Am flexibelsten ist man mit biblatex (passt auch gut in Kombination mit csquotes). Hier sollte man im Idealfall schon etwas Wissen über deren Funktionalität mitbringen oder frühzeitig anlesen, damit man die Pakete effektiv nutzen kann. (Die Doku hat man in der Regel schon auf dem eigenen Rechner.)

Hat man obige Entscheidungen erst einmal getroffen, kann man mehr oder weniger loslegen. Layout-Fragen (Welche Schrift verwende ich? Wie sollen Überschriften aussehen? Brauche ich Kopf- und Fußzeilen? Wie groß sind die Seitenränder? Eineinhalbzeiliger Zeilenabstand oder doch lieber nicht? Welchen Zitier- und Bibliographie-Stil verwende ich oder muss ich verwenden?...) können jederzeit später getroffen werden, solange man im Haupttext sich strikt an logisches Markup hält. Das heißt:

  • für Hervorhebungen \emph verwenden. Im Text auf \textit, \textsc, \textbf usw. verzichten. Merkt man, dass man bestimmte Dinge hervorben möchte/muss (als Biologe z.B. lateinische Namen von Tieren oder Pflanzen), dann definiert man sich einen Befehl dafür (\newcommand*\bacteria[1]{#1}). Dann kann man später dafür eine sinnvolle Definition überlegen. (Achtung: es kann sich lohnen, an dieser Stelle zumindest schon mal zwei Überlegungen zu treffen: Welche Syntax hätte ich gerne? (Ein Argument? Zwei? Oder doch lieber \newbacteria\ecoli{Escherichia}{coli}? Dann vielleicht \newcommand*\newbacteria[1]{\newcommand*#1[2]{##1 ##2}}). Welche Funktionalität hätte ich gerne? (Bei erster Verwendung Escherichia coli, später E. coli). Wenn man diese Fragen geklärt hat, aber nicht weiß wie's geht, kann man trotzdem erst einmal weiterschreiben (Befehle haben ein Argument \bacteria{Escherichia coli}... oder \ecoli) und sich später hier Hilfe bei der Umsetzung holen.

  • Quellverweise werden mit \cite oder \autocite angeben. Nebenher kann die .bib-Datei gepflegt werden, wenn man noch keine hat. (Vielleicht pflegt man sie auch mit einem Literatur-Manager wie JabRef?). Zitate werden mit den Befehlen des csquotes-Pakets eingefügt. (Daher auch meine obige Bemerkung, dass man sich mit dem Paket am besten frühzeitig wenigstens in den Grundzügen vertraut macht).

  • Für Abkürzungen und Ausdrücke, die im Abkürzungsvereichnis auftauchen sollen, verwendet man konsequent die Befehle des Pakets, für das man sich entschieden hat.

  • Überschriften werden ohne Ausnahme mit den dafür vorgesehenen Befehlen der Klasse: \section, \subsection ... geschrieben und nicht etwa eigene Konstrukte dafür gebastelt. KOMA-Script-Klassen ermöglichen vielfältigste Design-Entscheidungen, für andere Klassen es gibt auch immer noch titlesec. Kommt man beim Design später nicht zurecht, bekommt man hier auf der TeXwelt mit Sicherheit Hilfe.

  • In einer naturwissenschaftlichen Arbeit: Daten und Zahlen mit Einheiten werden konsequent mit siunitx umgesetzt, Chemiker schauen sich chemmacros an (und verwenden seine Markup-Befehle ebenso konsequent).

  • Am besten bevor man anfängt, die TeX-Distribution auf den neuesten Stand bringen, also ein Update machen. Das kann sich sonst hinterher rächen. Dafür während der Fertigstellung lieber vorsichtig mit Updates sein. Das kann nämlich zu Syntax-Änderungen und damit zu Mehrarbeit führen.

  • noch weiteres, das mir jetzt nicht einfällt...

Während des Schreibens merkt man schnell: brauche ich weitere logische Markupbefehle? Brauche ich weitere Pakete (Mathe... , Chemie..., Tabellen..., Plots... für (fast) alles gibt es gute und weniger gute Pakete) Brauche ich weitere Gleitumgebungen? (Als Chemiker vielleicht eine scheme-Umgebung für den experimentellen Teil...). Kennt man sich nicht gut mit den verfügbaren Paketen aus, kann man in einem LaTeX-Forum bestimmt Hilfe und Vorschläge erhalten. (Zum Beispiel hier :) )

Auch wenn Design-Fragen nicht sofort getroffen werden müssen, ist es auch nicht sinnvoll, damit bis zum letzten Drücker zu warten. Gleitumgebungen können es nötig machen, dass man Textteile umformuliert und ihre Platzierung hängt auch von Layout-Fragen ab, die sich auf den Seitenspiegel auswirken. Spezielle Layout-Wünsche können vielleicht komplizierter umzusetzen sein, als ursprünglich gedacht: dann ist Zeitdruck eine schlechte Situation.... vielleicht kann man das nach und nach angehen, während man schreibt. Manchmal hängt man ja im Schreibfluss: dann eine optische Frage zu klären lenkt etwas ab und ist dennoch zielführend (birgt aber natürlich auch die Gefahr der Prokrastination :p )

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beantwortet 10 Mär '14, 19:59

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cgnieder
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bearbeitet 26 Feb '15, 15:13

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saputello
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@Clemens Super, danke! Auf solche Ratschläge hab ich gehofft!

(10 Mär '14, 20:48) Bachelor
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gestellte Frage: 10 Mär '14, 17:45

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zuletzt geändert: 19 Jun '18, 12:47